D. suzukii auf Brombeere
D. suzukii auf Brombeere (Bild © Dr. Köppler, LTZ Augustenberg)

Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) im Obstbau

Biologie und Ausbreitung
Drosophila suzukii ist seit August 2011 nun auch in Deutschland angekommen und mittlerweile keine Unbekannte mehr. Zunächst 2008 in Spanien, 2009 in Italien in Südtirol, 2010 im restlichen Italien, in weiteren Gebieten Spaniens, sowie in Frankreich und Slowenien. Ausgebreitet hat sich die Fliege wahrscheinlich durch Verschleppung von befallenen Früchten. Die Fliege überwintert als erwachsenes Tier an geschützten Stellen. Hierbei nutzt sie Gebäude, aber versteckt sie sich auch innerhalb der Vegetation. Bevorzugte Temperaturen sind die des gemäßigten Klimas, hierbei ist sie nach Beobachtungen aus Italien, USA und Kanada zwischen 5 °C und 10 °C aktiv. Temperaturen jedoch unter 3 °C und über 30 °C erhöhen die Sterblichkeit der Tiere. Die Weibchen legen in fast pflückreife, weichschalige Früchte ihre Eier ab. Meistens sind dies zwei bis zehn Stück pro Frucht. Jedoch wurden bereits Früchte gefunden mit mehr als 70 abgelegten Eiern. Ein Weibchen kann in ihrem Leben bis zu 400 Eier ablegen. Bei optimalen Temperaturen schlüpfen die Larven bereits nach einem bis zwei Tagen und ernähren sich im Fruchtinneren. Dabei dringt die Larve immer wieder an die Fruchtoberfläche nach außen um zu atmen. Die Verpuppung erfolgt dann vornehmlich außerhalb der Frucht. 

D. suzukii entwickelt sich außerordentlich schnell. Bei optimalen Temperaturbedingungen dauert die Entwicklung vom Ei bis zur adulten Fliege 8 Tage, maximal jedoch 28 Tage. Für Mitteleuropa werden bis zu acht Generationen vermutet.

Wirtspflanzen und Schadbild
Die Kirschessigfliege kann jedes weichschalige Obst befallen. Hierunter fallen auch sehr viele der in Deutschland angebauten Obstkulturen. Aufgefunden wurde D. suzukii bis heute in den deutschen Anbaugebieten an folgenden Obstkulturen:

  • Süß- und Sauerkirsche
  • Erdbeere, Brom- und Himbeere und Heidelbeere
  • Rote und Schwarze Johannisbeere, Stachelbeere und Holunder
  • Pfirsich, Nektarine und Aprikose
  • Zwetschge, Mirabellen und Renekloden
Befall an Brombeere
Befall an Brombeere (Bild © Dr. Köppler, LTZ Augustenberg)
Befall an Heidelbeere
Befall an Heidelbeere (Bild © Dr. Köppler, LTZ Augustenberg)

Tückisch zudem ist die Tatsache, dass die Kirschessigfliege nicht ausschließlich Obst befällt, welches kultiviert wird. Wildobst, wie Kornelkirsche, Sanddorn oder Aroniabeere werden ebenso befallen. Da Kornelkirschen überall wachsen, im Wald oder am Straßenrand, ist dieses Tier daher auch allgegenwärtig.

Die meisten Frucht- und Taufliegen legen ihre Eier in oder auf beschädigte oder faulende Früchte ab. Im Gegensatz dazu ist die Kirschessigfliege in der Lage ihre Eier in eine intakte, gesunde und reife Frucht abzulegen. Damit schädigt sie unmittelbar die Frucht, die noch an der Pflanze hängt. Mit ihrem sägeähnlichen Eiablageapparat bohrt sich das Weibchen ein Loch in die unbeschädigte Frucht um anschließend ein Ei abzulegen. Die schlüpfenden Larven fressen von innen die Frucht auf, was dann zum typischen Bild des eingefallenen Fruchtfleisches um die Eiablagestelle führt. Zudem können sich durch den austretenden Fruchtsaft Pilze und Bakterien ansiedeln, was zu weiteren Sekundärinfektionen führen kann. Der Schaden durch die Larven und die Sekundärinfektionen führen bei starken Befall binnen weniger Tagen zu einem Totalausfall.

Sägeartiger Eiablageapparat des Weibchens
Sägeartiger Eiablageapparat des Weibchens von D. suzukii (Bild © Albert, LTZ Augustenberg)
Sägeartiger Eiablageapparat des Weibchens
Sägeartiger Eiablageapparat des Weibchens von D. suzukii (Bild © Albert, LTZ Augustenberg)
Fraßbild an Kirsche
Fraßbild an Kirsche (Bild © Dr. Köppler, LTZ Augustenberg)

Maßnahmen zur Befallsreduktion

Bestandshygiene
Die wichtigsten, jedoch auch arbeitsintensivsten, Maßnahmen um den Befall zu reduzieren und so niedrig wie nur möglich zu halten, sind die Maßnahmen zur Bestandshygiene. Durch die vollständige Vernichtung befallener Früchte ist eine Reduktion der Populationsdichte möglich. Kompostiert werden sollten die Früchte dabei nicht, da dies nicht die Entwicklung der Larven unterbricht. Das befallene Obst sollte in Plastiktüten verpackt und der Sonnenstrahlung ausgesetzt werden, damit diese durch Überhitzung sterben. Weiter sollten Pflückabstände verkürzt werden und überreife, heruntergefallene und faule Früchte mit gepflückt bzw. aufgelesen und vernichtet werden. Diese Maßnahmen sollten in größeren Anbaugebieten überall durchgeführt werden. Anlagen, die in ihrer Bestandshygiene suboptimal gepflegt werden, bieten ein hohes Vermehrungspotential und dienen somit der weiteren Ausbreitung der Fliege.

Monitoring
Um das Aufkommen der Fliege zu überwachen, können Becherfallen mit einer geeigneten Fangflüssigkeit verwendet werden. Die Fallen sollten in die Pflanzbestände gehängt werden und schattiert sein, wenn die Tagestemperaturen regelmäßig 10 °C oder mehr erreichen. Das Monitoring hält keinen Befall auf, jedoch kann dadurch festgestellt werden wann der Einflug in die Anlage bzw. die zunehmende Aktivität der Tiere beginnt. Für das Monitoring gibt es bereits verschiedene Fallentypen auf dem Markt.

Es besteht auch die Möglichkeit die Fallen und die Flüssigkeit selber herzustellen. Hierfür reichen durchsichtige, verschließbare Plastiktrinkbecher, in denen man seitlich 3-4 mm breite Löcher einbohrt. Diese werden dann mit 100 ml einer Köderflüssigkeit befüllt, die im Verhältnis 1:1 aus Wasser und trübem Apfelessig besteht. Wahlweise ein Gemisch aus Wasser, Apfelessig und Wein im Verhältnis 2:2:1 in genannter Reihenfolge. Die Flüssigkeit sollte jede Woche gewechselt werden. Alte Flüssigkeit nicht in die landwirtschaftliche Nutzfläche entsorgen. Das kann dazu führen, das weitere Fliegen angelockt werden.

Die Fallen sollten jede Woche kontrolliert werden. Die Männchen können relativ einfach anhand des schwarzen Flecks auf den Flügelspitzen erkannt werden. Weibchen sind nur am Eiablageapparat zu erkennen, welcher nur mit einem Binokular bei 15-20-facher Vergrößerung gut zu erkennen ist. Die Flecken auf den Flügeln fehlen gänzlich. Weibchen fliegen früher in die Anlage ein als Männchen, daher ist es wichtig bei den ersten Fängen auch immer den Eiablageapparat zu kontrollieren. Wenn die Falle Männchen fängt, dann reicht es aus, nur noch auf Männchen zu achten, da davon auszugehen ist, dass dann beide Geschlechter gefangen werden.

Massenfang
Eine Strategie zum Massenfang wurde mehrmals geprüft, unter anderem in Beerenobstanlagen am Bodensee. Hierbei wurde bei erstem Auffinden der Fliegen in Monitoring-Fallen 1500 Becherfallen / ha in die Anlage gehängt. Die Ergebnisse waren jedoch nicht ausreichend zufriedenstellend, da trotz der hohen Anzahl an Fallen die Populationsdichte der Fliegen so hoch war, dass die reifen Früchte befallen wurden. Der Aufwand beim Massenfang ist sehr hoch, da die Fangflüssigkeit wöchentlich geleert und ausgewechselt werden muss, da diese sonst auf Dauer ihre Attraktivität verliert.

Männchen von D. suzukii
Männchen von D. suzukii (Bild © Albert, LTZ Augustenberg)
DROSAL Pro Falle mit DrosaLure-Köderflüssigkeit

Insektizide im Erwerbsanbau
2019 im Bioanbau zugelassenes Insektizid:

  • SpinTor     -aktueller Zulassungsstand (nach Kulturen) ist beim BVL einzusehen-

Einnetzen von Kulturen
Eine gute Möglichkeit seine Kulturen zu schützen ist die Anwendung von feinmaschigen Netzen. Versuche in Deutschland und Südtirol zeigten, dass das Einwandern der Fliege in Anlagen, die komplett durch ein Netz geschützt werden, kaum gegeben ist. Wird die Kultur jedoch zu spät eingenetzt und es bereits zu einem Befall kam, kann sich die Fliege auch unter dem Netz ausbreiten. Eine Maschenweite von 0,8 mm x 0,8 mm hat sich als schützend erwiesen. Die Fliege passt hier nicht durch. Bei einer Weite von 1,3 mm x 1,3 mm passt die Fliege durch, jedoch muss diese sich hierbei regelrecht durchzwängen um das Netz passieren zu können. Die Methode des Einnetzens kann sich besonders gut für kleinparzellige Anlagen, wie beispielsweise Haus- und Kleingärten, eignen.

Weitere Lösungen zur Bekämpfung und Eingrenzung

Die Forschung setzt auf den Einsatz von natürlichen Gegenspieler der Kirschessigfliege. Hierzu zählen parasitische Gall-, Brack-, Zehr- und Erzwespen. Die Gallwespe Leptopilina heterotoma beispielsweise befällt Maden aller Fliegen der Gattung Drosophila gleich. Mit dem Ablegen ihres Eis neutralisiert sie das Immunsystem der Fliegen mit einem Virus. Die Kirschessigfliege ist jedoch dagegen resistent. Gute Aussichten auf Erfolg liegen dabei bei der Brackwespe Asobara japonica, die in Japan, dem Ursprungsland von Drosophila suzukii, den natürlichen Gegenspieler darstellt.

Weiter wird geprüft ob der Einsatz von insektenpathogenen Pilzen, wie Beauveria oder Entomophthora, erfolgsversprechend sind. Pilze der Gattung Entomophthora wurden bereits mehrmals auf Essigfliegen in Rebanlagen festgestellt. Eng mit dem Baculovirus verwandte entomopathogene Nudiviren, die Fliegen der Gattung Drosophila befallen, werden ebenso gesucht.